Naturgarten / oekologische Ausgleichsflächen im Siedlungsraum

Schleichend aber kompromisslos und konsequent schreitet die Zerstörung von Lebensräumen voran. Nicht irgendwo - mitten in unseren Dörfern - tagtäglich ! ! !

Die Gartenbau- und Pflanzenproduktionsindustrie vollbringt ein katastrophales Zerstörungswerk ! ! !

 

Kanton und Gemeinden müssen ökologische Ausgleichsflächen im Siedlungsraum fördern.

Ein Heer von Gartenbauunternehmern, Planern, Schulhausabwarten, Gemeindeangestellten etc. hat es doch tatsächlich fertiggebracht in den letzten Jahrzehnten praktisch die gesamte ursprüngliche Siedlungsnatur in unseren Dörfern und Städten zu zerstören.

Einer der Hauptgründe dafür ist, das massenhafte Einbringen von Pflanzen (Bäume, Sträucher, Stauden), die zuchtmässig verändert worden sind, und deren natürliches Verbreitungsgebiet überhaupt nicht in unserem Land liegt.

Grundfalsche Bepflanzung, eine viel zu sterile widernatürliche Pflege der Grünanlagen und das Nichttolerieren von einheimischen Wildpflanzen sind die Hauptgründe für die konsequente schleichende Zerstörung der ursprünglichen Siedlungsnatur.

In Kanton und Gemeinden werden immense Geldmittel dazu verschwendet, um wertlose Grünflächen zu erstellen und zu unterhalten.

Die Gestaltung von Grünflächen darf nicht mehr einfach dem Gartenbaugewerbe überlassen werden, solange dieses nicht in der Lage ist, nach VNG-Richtlinien zu arbeiten (VNG = Verein für Naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung, 4805 Brittnau).

Die Natur muss in unseren Dörfern und Städten wieder Raum erhalten, den sie weitgehend selber gestalten darf. Der stetige schleichende Rückgang von Pflanzen und Tierarten kann nur gestoppt werden, wenn ökologische Ausgleichsflächen in grosser Zahl überall im Siedlungsraum geschaffen werden.

Wenn es um die Gestaltung und Pflege von Grünflächen auf öffentlichem Grund  oder auf dem Grund von Körperschaften geht, die Staatsunterstützung erhalten (Kirchen, Spitäler, Schulen, etc.), müssen entweder Gartenbaubetriebe berücksichtigt werden, die anerkannt nach VNG-Richtlinien arbeiten oder Naturschutzfachleute in Planung und Unterhalt miteinbezogen werden. Alles andere ist mit Steuergeldern finanzierte Naturzerstörung.

Bestehende Grünflachen müssen konsequent renaturiert werden, damit sie eine Vorbildfunktion haben, wie Privatgärten aussehen könnten.

Kanton und Gemeinden müssen griffige Massnahmen erlassen, um ökologische Ausgleichsflächen überall im Siedlungsraum zu realisieren.

Einige Beispiele:

      - Weiterbildung von Schulhausabwarten und Gemeindepersonal

      - Vorschrift, dass bei Neuüberbauungen nur einheimische
        Wildpflanzen verwendet werden dürfen etc.

      - steuerliche Anreize für Industriebetriebe; Hausbesitzer,
        Genossenschaften etc., deren Grünflächen die Funktion von
        ökologischen Ausgleichsflächen wahrnehmen können

      - öffentliche Grünflächen renaturieren

      - Aufklärung der Bevölkerung über die Lebensraumansprüche unserer
        bedrohten Mitgeschöpfe.

      - Verbot von Insektiziden, Herbiziden etc. für Privatpersonen (in
        Privatgärten wird mehr Chemie eingesetzt als in der gesamten
        Landwirtschaft).

 

Wenn in den nächsten Jahren nicht ökologische Ausgleichsflächen überall im Siedlungsraum geschaffen werden, ist das Aussterben weiterer Tier- und Pflanzenarten vorprogrammiert!

 

Frühlingszeit - Gartenzeit

Endlich ist er wieder da, der Frühling, und es ist interessant zu beobachten, wie es überall wieder zu wachsen und zu blühen beginnt!

Aber nicht alles was da so grünt, blüht und wächst hat auch etwas mit Natur zu tun! Versuchen Sie doch einmal (vieleicht mit Hilfe eines Bestimmungsbuches) herauszufinden wie die Bäume, Sträucher und Stauden (Blumen) den heissen und woher sie ursprünglich stammen, die in ihrem Garten oder vor dem Schulhaus etc. nebenan so schön wachsen und gedeihen. Oder was sind das für Pflanzen die sie kürzlich für teures Geld im Gartencenter erstanden haben, mit dem Ziel Natur in Ihren Garten zu bringen?

Sie werden vermutlich feststellen, das da die halbe Welt und dazu noch viele menschliche Eigenkreationen vertreten sind.

Zum Beispiel: 
Blautanne - eine Weiterzüchtung der Stechfichte aus den USA
Forsythiaaus Südost - Asien
Loorbersträucher aus dem Mittelmeerraum
Thujagewächse aus Nordamerika und Asien
Berberitzenaus Japan
Contoneasteraus Westchina (Diese Liste liesse sich noch beliebig verlängern!)

Und dann die vielen bunten Bölumen (Stauden). Sie werde überrascht feststellen, dass diese aus dem Balkan, aus Südafrika, Südamerika oder sonstwoher kommen. In nicht wenigen Fällen hat auch der Mensch noch ein bisschen nachgeholfen und den Blumen kurzerhand die Geschlechtsteile weggezüchtet, damit die Blütenblätter grösser werden. Interessant, (oder eher bedenklich?) was uns die neusten Züchtungsmethoden (Gentechnologie) noch alles bescheren werden.

Mit Natur hat das alles natürlich nichts mehr zu tun. Aber unsere “Gartenfachleute” können wenigstens nicht wenig gutes (oder schlechtes) Geld damit verdienen.

Nur etwas fristet in allzuvielen Gärten und Grünanlagen ein bedenkliches Schattendasein, das sind unsere ca. 2000 einheimischen Wildpflanzen. Von Region zu Region variiert die natürliche Zusammensetzung.

Gärten mit fremdländischen Pflanzen täuschen eine Scheinnatur vor und haben etwa soviel mit Natur zu tun wie ein asphaltierter Parkplatz!

Aus der Sicht der Insekten wächst in herkömmlichen Ziergärten nichts als Unkraut: Zwar bieten Sie im Sommer einigen Nektar an, aber was nützt Nektar wenn die Kinderstube der Insekten, die Wirtspflanzen der Larven fehlt?

Fremdländische Pflanzen sind in einem Garten der Natur sein soll, so fehl am Platz wie es Giraffen und Elefanten in unseren Wäldern wären.

 

Was sind den natürliche (standortheimische) Pflanzen?

Das sind Bäume, Sträucher und Stauden (Blumen) die schon seit hunderten von Jahren von selbst im Wald, am Bach, in einem Sumpf, im Moor oder in der Wiese wachsen.

Sie haben recht - allzuviele von unseren Wildblumen sind auch nicht mehr vorhanden. Aber noch vor dreissig Jahren gab es eine unglaubliche Vielfalt. Ist ja auch kein Wunder! Im Garten toleriert mann sie nicht, beim Gärtner können wir sie in der Regel nicht kaufen und in der Landschaft hat sie eine total widernatürliche Landwirtschaft zum verschwinden gebracht.

Diese Wildpflanzen haben sich seit hunderten von Jahren ganz genau an Ihren Standort angepasst. Zusätzlich gibt es von jeder Art von Region zu Region verschiedene Standortrassen. Auf genau diese Wildpflanzen hat sich auch die gesamte Tierwelt spezialisiert. Mit den vielen Wildpflanzen haben wir auch den grössten Teil unserer einheimischen Insekten (Schmetterlinge etc.) verloren und mit ihnen viele Vogelarten, die wieder auf die Insekten angewiesen sind usw.

Unsere Tierwelt kann sich nicht innert 20 Jahren auf eine völlig fremde Vegetation umstellen. Ein Bergbauer der mit seiner Scholle verwachsen ist kann auch nicht von einem Tag auf den andern Crevetten statt Butter aufs Brot streichen und dies als essbar empfinden!

Wenn Sie unverfälschte Natur in Ihrem Garten wollen, verlangen sie bei Ihrem Gärtner ausdrücklich einheimische Wildpflanzen aus der Region, seien es nun Blumen, Bäume oder Sträucher. Falls er das nicht liefern kann, pflanzen Sie besser einmal rein gar nichts. Schauen Sie einmal zu was die Natur für Ihren Garten bereithält. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Aber es wird sicher interessant sein, welche von den hunderten, in Ihrer Region heimischen Wildpflanzen Sich gerade in Ihrem Garten wohlfühlen werden.

Wertvolle Tips und das Grundwissen zur natürlichen Gartengestaltung liefert auch das “Naturgartenhandbuch” von Andreas Winkler, erschienen im AT Verlag, Aarau.

 

Niemandem die Freude an exotischem Zuchtgrün nehmen

Es geht natürlich nicht darum, jemandem die Freude an seinen Zuchtblumen etc. zu nehmen. Aber es geht vielleicht darum die Freude an unseren einheimischen Wildpflanzen und von selbst entstandenen Lebensräumen in unseren Gärten etc. zu wecken. Es geht darum oekologische Zusammenhänge aufzuzeigen über die man im Gartencenter etc. halt nicht informiert wird.

Das Pflanzen, deren natürliches Verbreitungsgebiet nicht in unserer Region liegt, für viel weniger Insekten, Vögel etc. Nahrungs - und Lebensraum bieten ist wissenschaftlich erwiesen.

Zum Beispiel bietet der Flieder gerade mal Nahrung für 5 Vogelarten. Die Forsythie gar nur für eine Einzige! Der einheimische Weissdorn aber für 32. Oder die Beeren vom Schwarze Holunder können gar 62 Vogelarten gefressen werden. (Angaben Schweizer Vogelschutz) Oder haben Sie gewusst das von den Ausscheidungen der Thuja gar die für das Bodenleben so wichtigen Regenwürmer zu Grunde gehen!

Natürlich gab es schon vor hundert Jahren exotische Pflanzen in den Gärten. Was aber in den letzten Jahrzehnten geschehen ist, ist radikalste Naturzerstörung.Durch das Einbringen von exotischen Zuchtpfllanzen in riesigen Massen haben wir den Pflanzen, die hier ihr natürliches Verbreitungsgebiet haben auch noch die letzten Lebensräume genommen. Die ursprüngliche Siedlungsnatur ist praktisch vollständig verschwunden. Die natürliche Sukzession wird in unseren Siedlungsräumen kaum mehr toleriert.

Die schlichte Schönheit und die perfekte Harmonie von unseren einheimischen Wildblumen zum Beispiel ist uns gar nicht mehr bekannt, weil wir Sie nämlich fast vollständig ausgerottet haben! Genau diese Harmonie ist das faszinierende der Wildpflanzen und die unglaubliche Vielfalt in nur einer Art. Da gibt es oft grosse, kleine, schmalblättrige, breitblättrige, frühblühende, spätblühende, hellblaue, dunkelblaue, mittelblaue etc. in der gleichen Art. Nicht alles auf eine Einheitsgrösse, Einheitsfarbe, Einheitsblütendatum, Einheitsweltform zusammengezüchtet.

Neuerdings befasst sich das “grüne Gewerbe” sogar noch mit Wildpflanzen und beginnt, dort auch noch herumzubasteln. Margeritten aus Finnland, Wundklee aus Ungarn, Wiesenblumensamen aus den USA etc. will man dem Gartenfreund jetzt auch noch aufschwatzen. Etwas mehr Respekt vor oekologischen Zusammenhängen würde uns wohl kaum schaden.

Natürlich ist Niemand an dieser Entwicklung schuld, genau deshalb sind wir alle Schuld. Aber als mündige und  kritische, aufgeklärte Konsumenten können und müssen wir darum auch etwas verändern.

 

Die Grünabfuhrgebühr aus der Sicht des Igels

Wir Igel haben uns eigentlich bis vor einigen Jahrzehnten immer wohl gefühlt in den Siedlungsräumen von euch Menschen.

In den letzten Jahren sind wir leider je länger je mehr nur noch als Leichen auf euren Strassen anzutreffen. Leider sind wir nicht in der Lage unsere seit Jahrhunderten bewährten Stacheln durch Stahlnägel und Betonpanzer zu ersetzen, um uns in eurem Verkehrsgewühl besser zurechtzufinden.

Auch die Wohnungssuche wird für uns immer mehr zu einem schier unlösbaren Problem. In euren aus eurer Sicht wunderbar aufgräumten und gepflegten Gärten können wir kaum mehr leben. Wir finden z. B. keinen Laub- oder Asthaufen oder ein offenes Kellerloch, wo wir uns in den kalten Wintermonaten verkriechen könnten.

Gerade im letzten Jahr wurde uns wieder ein wertvoller Lebensraum im Zentrum von Uzwil genommen. Wir begreifen ja, dass Ihr dort etwa 60 Wohnungen und 20 Geschäftsräume braucht, aber auch wir hätten gerne wieder Wohnungen und einen gedeckten Tisch.

Wir begreifen auch, dass die Grünabfuhrgebühr für euch wieder eine zusätzliche Steuer ist, die eigentlich nicht nötig wäre. Aber wir hoffen auch, dass das dem einen oder anderen zu blöd wird und er einen Teil von Baum- und Strauchschnitt von einheimischen Gehölzen wieder dort versorgt, wo er hingehört, vielleicht auf einer alten mit Laub gefüllten Betonröhre unter der Hecke. Das nennt man sozialen Wohnungsbau im Garten. Wir hoffen auch, dass die Gemeinden dann mit dem Geld, das sie euch in Form von Gebühren abnehmen, auch einmal Umgestaltungsprojekte von Schulhausanlagen etc. in Angriff nehmen, damit auch unsere Wohnungs- und Nahrungsprobleme nicht mehr so gross sind und wir eure Kinder auch in Zukunft erfreuen können.

Andernfalls werden wir halt endgültig aus euren Dörfern verschwinden. - Uns ist das eigentlich ziemlich Wurst - Aber Ihr werdet vermutlich erst dann merken, was Ihr verloren habt !

Herzliche Grüsse

der Rest der ehemaligen Igelpopulation eurer Dörfer.

 

Was heisst “Naturgarten” - “Ökologische Ausgleichsfläche im Siedlungsraum” im Wesentlichen ?

Entfernung nicht standortheimischen Pflanzen (Sträucher, Stauden, Bodenbedecker), Ersetzen durch einheimische, die nicht zuchtmässig verändert worden sind und garantiert von Wildpflanzen aus der Region abstammen.

      - Blüten und Früchte sind Lebensgrundlage für Vögel, Insekten etc.

      - Standortfremde exotische Bodenbedecker verhindern das
        Aufkommen von einheimischen Wildpflanzen.

       

Rasen: Dort wo er nicht ständig betreten wird, nur noch 2 bis 3 Schnitte pro Jahr. In einigen Jahren entwickelt sich von selbst eine artenreiche Blumenwiese. Verschiedene Wildblumen  verschiedene Insekten, Nahrung für Vögel etc.

Anlegen von Ast-, Holz-, Laub-, Steinhaufen zwischen Sträuchern und Bäumen etc.  natürlicher Verrottungsprozess, Unterschlupfmöglichkeit für Kleingetier, Lebensraum für totholzbewohnende Insekten etc.

Kiesplätze und Wege werden nicht mehr klinisch von jedem Unkraut (Wildpflanzen) befreit! Ein gewisser Bewuchs von Wildstauden wird bewusst toleriert und gefördert.

Anlegen von Spezialstandorten: Feucht- und Trockenbiotope, Dach- und Fassadenbegrünungen mit einheimischen Wildpflanzen, Bruchsteinmauern etc.

Stauden und Staudenflächen über den Winter stehen lassen

- Samenstände, Nahrung für Vögel. 

- abgestorbene Pflanze, Überwinterungsplatz für Schmetterlingslarven etc.

Nicht überall muss zwingend etwas angepflanzt werden! Viele Bäume, Sträucher und Stauden stellen sich von selbst ein, wenn man der Natur auch etwas Raum und Zeit lässt. Die Natur braucht Freiräume, wo sie sich selbst entwickeln und entfalten kann.

Naturgarten heisst, den Garten (Grünanlage) so gestalten und unterhalten, dass ein möglichst reichhaltiger Lebensraum für unsere einheimische Tier- und Pflanzenwelt entstehen kann!

 

Markus Scheiwiller ,  Wilen 706 , 9240 Niederglatt

 

Beitrag veröffentlicht am 11. Feb. 1998

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